Ich habe gar keine Enkel: Die Online-Omi räumt auf (German Edition) by Renate Bergmann

Ich habe gar keine Enkel: Die Online-Omi räumt auf (German Edition) by Renate Bergmann

Autor:Renate Bergmann [Bergmann, Renate]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783644403758
Herausgeber: Rowohlt E-Book
veröffentlicht: 2018-08-20T22:00:00+00:00


Zwei Tage später ging ich mit Lotte aufs Kommissariat, die Fliegen auf der Brotbüchse und den Lamprecht besuchen. Er war fürchterlich beschäftigt und hatte nur ganz wenig Zeit. Das war genau, was ich hatte erreichen wollen! Quasi zwischen Tür und Angel berichtete er uns unter dem Siegel der Verschwiegenheit, dass er an einem ganz großen Fall arbeitete. Vor ein paar Tagen wäre die jungsche Kommissarscheffin am frühen Morgen in die Dienststelle geplatzt und hätte angeordnet, dass ALLE mitmüssten, sie hätten einen Einsatz, wie sie ihn in ihrer jungen Karriere noch nicht erlebt hat. Den Lamprecht konnte se mit so was natürlich nicht vom Hocker scheuchen, der hatte in fast 40 Dienstjahren schon ganz andere Fälle auf dem Tisch gehabt. Das heißt nicht, dass er sie gelöst hat, aber er war eben immer dabei. Sie kennen das ja, in den Behörden – ganz gleich, ob Kripo oder Bauamt – haben sie es mit Leuten zu tun, die aufgrund ihres Alters und nach Dienstjahren befördert werden. Die sitzen sich sozusagen nach oben. Wenn sie es nicht allzu dumm anstellen, geht das so lange gut, bis sie irgendwann mit all ihren Aufgaben komplett überfordert sind. So einer war der Lamprecht. Bestimmt war der als junger Polizist ganz tauglich und hat prima Strafzettel aufgeschrieben, aber so einer brauchte immer Anleitung. Alleine konnten se den nichts machen lassen. Im Grunde war es mit ihm wie mit Ariane im Haushalt: Wenn man dabeisteht und ihr sagt, wie sie es machen soll, stellt sie sich gar nicht so dumm an, aber wenn man sie alleine machen lässt, fahren doch um halb 2 alle gemeinsam zu MäcDonald, um Hühnerflügel in Obsttunke zu essen, weil sie das Frikassee hat anbrennen lassen und der Reis klumpig war, statt dass er locker von der Gabel rann wie im Reklamefernsehen beim Onkel von Ben. Der Lamprecht war so einer, der die Leiche vom Tatort ordentlich wegfahren lässt. Aber dass im Nebenzimmer noch ein Toter liegt, das kriegt der nicht mit. Das muss man ihm erst sagen. Gleichzeitig war er bauernschlau und konnte deswegen gut verbergen, dass er auch ein bisschen trottelig war.

Ich habe das schnell durchschaut. Wenn er überhaupt keine Ahnung von einem Thema hatte, nahm er seine Brille ab, kaute ein bisschen auf dem Bügel rum, spitzte die Lippen und murmelte: «Schwierig, schwierig, aber wir werden einen Weg finden.» Dann kritzelte er was auf seinen Notizblock, und das Thema war erst mal erledigt. Da hat man nicht mehr groß nachgefragt, und wenn doch, kaute er auf dem anderen Bügel und sagte: «Die Kollegen arbeiten fieberhaft daran, Frau Bergmann, aber ich darf aus ermittlungstaktischen Gründen nichts weiter dazu sagen.» Das war natürlich absoluter Blödsinn. Ich weiß es genau. Ich habe nämlich den Notizblock inspiziert, den der olle Schussel auf seinem Schreibtisch hatte liegenlassen, als er austreten war. Da konnte ich unauffällig einen Blick (nein, ich habe nicht spioniert! Dass Sie mir immer so unanständige Dinge unterstellen …) darauf werfen. Der hatte da nur stehen «6 Bier» und «Butter ist alle» oder auch «Rasierklingen kaufen», «Winterreifen wechseln».



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